Dissertation, im Prozess
Emanzipatorisches Textil und
Öffentlicher Raum
Bauhaus-Universität Weimar
Fakultät Architektur und Urbanistik
Mentorin: Prof. Dr. Mona Mahall

             
              Foto: Bauhaus-Universität Weimar, Matthias Eckert

Textil ist als Material, Technik und Objekt im Architekturdiskurs bereits vielfältig beforscht. Es finden sich sowohl theoretische wie technisch-konstruktive und funktionale Annäherungen. In der geplanten Arbeit soll der Akt, genauer und in einem politisch-performativen Sinn: die Aktion, der Bekleidung eines Gebäudes oder einer Fassade an der Schnittstelle zum öffentlichen Raum untersucht werden. Ich beabsichtige in fünf zeitgenössischen globalen Fallstudien der Frage nach dem demokratischen Potenzial und den emanzipatorischen Aspirationen der textilen Arbeiten im Kontext einer feministisch informierten politischen Raumtheorie und Praxis nachzugehen.

Der Begriff der Bekleidung dient zur methodischen Auswahl der Fallstudien, insofern er Gottfried Sempers Unterscheidung folgt und zugleich befragt: zwischen der raumformenden Wand im Sinne eines Gewands und der tragenden Struktur. Meine Fallstudien interagieren alle mit den Fassaden oder Wänden bestehender Architekturen, die sie meist temporär verkleiden. Der Architekt des 19. Jahrhunderts ernennt das Textil zum raum- und formgebenden Kern seiner Architektur- und Kunsttheorie. Im Rahmen seines Bekleidungsprinzips schreibt er dem Textil zu, das ursprüngliche menschliche Grundbedürfnis nach Ausdruck zu realisieren (Karnevalskerzendunst). Dieser performative Moment des Textils sowie die implizierte räumliche Praxis, die Sichtbarkeit und die Teilhabe an einer Öffentlichkeit erlauben, stehen im Zentrum dieser Arbeit.

Mit Nähe zu aktuellen sozio-politischen Themen betrachte ich fünf Fallstudien seit 1990, die eine emanzipatorische Intention aufweisen, indem sie für eine gerechte und offene Gesellschaft eintreten, marginalisierte Gruppen repräsentieren oder Missstände ansprechen. Das Aufgreifen von Beispielen aus der Kunst erlaubt es an den feministisch-kunstwissenschaftlichen Diskurs über das Politische im Textil anzuschließen und dieses auf seine Wirksamkeit für eine Raumtheorie und Praxis in der Architektur zu prüfen.

Die Dissertation soll einen Beitrag zu einer feministischen Kunst- und Architekturgeschichte liefern. Dafür kombiniere ich Methoden der Formanalyse, Rezeptions- und Diskursanalyse und der feministischen Kunstgeschichte und beziehe mich auf eine theoretische Definition Gottfried Sempers. Die Forschung wird aus einer konstruktivistischen, transnational und intersektional feministischen Perspektive durchgeführt.

Ziel ist es die emanzipatorischen Bestrebungen der räumlichen Bekleidung bezüglich ästhetisch-politischer Kommunikation und Repräsentation politischer Anliegen im öffentlichen Raum zu evaluieren.
2025